Pferde bekommen eine Stimme im Bundestag
Pferde bekommen eine Stimme im Bundestag
Im Herbst haben Bundestagsabgeordnete den Parlamentskreis Pferd gegründet. Was sie bisher erreicht haben und was sie noch vorhaben.
Pascal Kober ist im Bundesvorstand der FDP und Gründungsmitglied des Parlamentskreis Pferd. Im Interview mit Pferde-Reich spricht er über seine Beziehung zu Pferden und erklärt, warum die Kritik am Parlamentskreis Pferd seiner Meinung nach ungerechtfertigt ist. Außerdem verrät er, welche Pferdethemen die Politik aktuell beschäftigen und wie er zu Pferdesteuer und Reitwegeausbau steht.
Kober: Ich glaube, dass die Verbindung mit dem Pferd für die Menschen etwas Positives ist. Das Pferd übt seit jeher eine ungebrochene Faszination auf Menschen aus, das Pferd tut dem Menschen gut. Man kann sein Leben und seine Freizeit sicherlich auch weniger sinnvoll verbringen, als mit dem Pferd. Insofern haben wir alle ein Interesse daran, dass die Pferdegeschichte weitergeschrieben wird.
Parlamentskreise gehen auf die Initiative von Abgeordneten zurück. Das Ziel ist, sich fraktions- und ausschussübergreifend eines Themas anzunehmen. Da gibt es harte Themen wie Elektromobilität aber auch Themen, die weniger zur klassischen Politik gehören, wie etwa automobiles Kulturgut, also Oldtimer.
Generell ist zu sagen, dass der Bundestag viele Zusammentreffen und Kreise kennt, in denen Abgeordnete sich zu den Anliegen der Bürger treffen. Es ist also gar nichts Außergewöhnliches, dass sich Abgeordnete auch zum Thema Pferd treffen.
Belächeln kann man es nur dann, wenn man hinreichend ahnungslos über die Bedeutung des Pferdes ist. Bekannt ist, dass vier Millionen Menschen sich selbst als Reiter bezeichnen, es 1,3 Millionen Pferde gibt, dass drei bis vier Pferde einen Arbeitsplatz verantworten – da merken Sie schon, dass es relevant ist. Da gibt es nichts zu belächeln, sondern da geht es um ein gesellschaftlich relevantes Anliegen, um Arbeitsplätze, um Einkommen.
Am Dienstag hat sich in Berlin der fraktionsübergreifende „Parlamentskreis Pferd“ gegründet. Auch #SPD-Chefin Andrea #Nahles ist dabei – ein willkommener Anlass für Spott und Häme. https://t.co/2WYaGLKrZs
— FAZ Politik (@FAZ_Politik) November 20, 2018
Als Abgeordneter beschäftige ich mich im Schwerpunkt mit Sozial-, Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik. Da geht es um die Anliegen von Millionen Bürger und Milliardensummen. Aber es gibt auch einzelne Anliegen aus dem Wahlkreis, die mich genauso beschäftigen, ein Bürger etwa, der einen Bescheid einer Behörde hinterfragt. Es liegt in meiner Verantwortung, die Prioritäten zu setzen und den Anliegen der Bürger nachzukommen. Mein Engagement für das Thema Pferd ist eines von vielen wichtigen Themen.
Das Ziel war, sich fünf bis sechs Mal im Jahr zu treffen. Wahrscheinlich werden wir aber eher auf drei bis vier Mal kommen. Eine Sitzung dauert eine Stunde. Daran beteiligt sind etwa 26 Abgeordnete.
In der letzten Sitzung haben wir uns mit dem Thema pferdegestützte Therapie für traumatisierte Soldaten befasst. Das therapeutische Reiten wird uns auch sicherlich noch weiter beschäftigen. Die Frage ist zum Beispiel, was zur Regelleistung werden könnte – durch die Bundeswehr oder auch Krankenkasse.
Ich will keine Pferdesteuer. Reitwege sind zum Beispiel ein spannendes Thema, gerade die Vereinheitlichung der Regelungen zwischen den Bundesländern. Wir haben das noch nicht in Angriff genommen, das wird aber noch kommen.
Sie haben gerade schon etwas angestoßen, indem Sie das an mich herangetragen haben. Es haben sich auch schon Menschen schriftlich an uns gewandt und uns auf Ideen gebracht. Ich erinnere mich an eine Frage zu Gerichtsprozessen über Pferde. Da ist das Problem, dass die so lange dauern, dass aus einem Fünfjährigen ein Sechseinhalb- oder Siebenjähriger geworden ist. Das ist die Frage, ob das bei einem Pferd, das in der Ausbildung sein sollte, nicht zu ändern wäre.
Wir greifen Themen auf und bringen sie in den parlamentarischen Prozess ein. Wir wollen, dass die Themen ankommen im Deutschen Bundestag. Dafür sind wir Ansprechpartner. Wenn es gesetzgeberischen Handlungsbedarf geben sollte, käme das dann in die entsprechenden Ausschüsse, ins Plenum, oder zum zuständigen Ministerium, ja.
Aufgrund der medialen Berichterstattung hatten wir schon einige Zuschriften mit konkreten Fragestellungen. Natürlich gibt es aber auch vorstrukturierte Ansprachen durch Verbände wie die Deutsche Reiterliche Vereinigung oder den Verband der Freizeitreiter, mit dem wir uns schon getroffen haben. Und wir sind alle selbst mit der Reiterei verbunden und nehmen dort das Ein oder Andere auch im persönlichen Umfeld auf.
Wir haben auch einige Mitglieder, die nicht so bekannt sind, aber regional in der Reiterwelt sehr präsent sind, Verbindungen haben und angesprochen werden. Aber unsere beiden sehr prominenten Mitglieder helfen schon.
Ja. Wir haben Mitglieder, die selber reiten, oder bei denen Familienangehörige reiten, oder Mitglieder, die im Wahlkreis ein großes Gestüt haben und bei denen Pferdesport eine große Rolle spielt. Das ist bunt gemischt, aber irgendwo gibt es immer eine Verbindung zum Pferd.

Ich hoffe nicht. Wenn man sich die Ergebnislisten bei internationalen Turnieren anschaut, dann sind wir immer noch ziemlich gut dabei und können uns als eine Pferdesportnation bezeichnen. Die Erfolge sind proportional viel größer als in anderen Sportarten. Ich sehe da eher Aufklärungsbedarf über die Bedeutung des Pferds für die Sportnation Deutschland.
Aber ich möchte lieber unten anfangen. Denn der kleine Reitverein hat es schwerer. Ehrenamtliche zu finden wird schwieriger, genauso wie Kinder für den Sport zu begeistern und – gerade Jungen – an den Sport zu binden. Da gibt es viel zu tun, was wir aber nicht auf politischer Ebene lösen können.
Wir versuchen sicherlich, einen Beitrag zu leisten. Etwa auf Landesebenen mit den Landgestüten, die große Sympathieträger sind. Dort wird Pferdegeschichte fortgeschrieben und das ist eine tolle Sache.
Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass die Landgestüte mehr sind, als sie ursprünglich waren, nämlich Hengsthaltung. Wir haben hier in Baden-Württemberg das Haupt- und Landgestüt Marbach, das neben der Hengsthaltung eine ganze Reihe an Aufgaben im öffentlichen Interesse übernimmt: Als Ausbildungsbetrieb für Pferdeberufe, als Kooperationspartner der Universitäten bei der Forschung, als Tourismusfaktor der Region; es ist engagiert in der Erhaltungszucht von aussterbenden Rassen, der Pflege der Reit- und Pferdekultur und vieles mehr. Da sind öffentliche Gelder gerechtfertigt, denn mit diesen Aufgaben kann man kein Geld verdienen.
Text: Lena Reichmann